Gabelfedern

02.04.2013 14:05

Heuer war es so weit, ich traute mich an die Gabel heran. Am Ende der letzten Saison bemerkte ich, dass bei einem Gabelholm das Öl nach jedem Eintauchen am Standrohr einen leichten Film bildete. Das bedeutete der Simmerring war undicht. Das sollte so natürlich nicht sein. Ich erzählte davon meinen "Schrauberkollegen" und da wurde mir gesagt, ich soll doch lieber gleich alles ausbauen, die Federn und Buchsen tauschen, neues Gabelöl einfüllen und gut is'. Erst traute ich mich nicht so recht, immerhin hieß das, Vorderrad ausbauen, Gabelholme ausbauen und die Gabel in alle Einzelteile zerlegen. Aber nach hundert mal nachlesen und informieren ging ich es an. Ich kaufte ich mir Wilbers Gabelfedern, das entsprechende Gabelöl und machte mich wieder einmal auf zu meinen Eltern aufs Land, wo mein Motorrad immer überwintert.

Das Vorderrad hatte ich schon einmal gemeinsam mit jemandem ausgebaut, als ich die Bremsscheibe tauschte, daher wusste ich noch, wie das funktioniert. Somit war das schnell draußen. Vorhin muss man natürlich das Motorrad gut und sicher am Hauptständer und mit Wagenheber aufbocken.

Mit Reparaturhandbuch gewappnet löste ich also die Schrauben der Gabelbrücken, nachdem das Rad ja schon beiseite stand, und zog vorsichtig die beiden Holme aus der Halterung. Wow, da hatte ich sie nun in der Hand. Ok, und wie geht es jetzt weiter? Ich sah lieber einmal mehr nach als zu wenig, denn trotz, dass ich sogar schon den Motor offen hatte, war ich bei der Gabel plötzlich ein Schisser. Jedoch legte sich das schnell.

Mit allen Trümmern in der Hand wanderte ich in die Werkstatt im Keller und öffnete den ersten Gabelholm. Das alte Öl ließ ich gut in einen Auffangbehälter abtropfen denn das muss ordentlich entsorgt werden. Als das Öl also draußen war kam der anstrengende Teil: Standrohr von Tauchrohr trennen. Erst entfernte ich die Staubkappe. Um das Tauchrohr wickelt man am besten ein Tuch, spannt das ganze waagrecht in den Schraubstock und öffnet die untere Gabelverschlussschraube.

Danach merkte ich schon, dass im Inneren noch etwas locker wurde und als ich den Holm ein weiteres Mal vorsichtig umdrehte konnte ich schon die Dämpferstange herausschütteln. Und nicht vergessen, immer ein Tuch parat haben da noch Öl mitkommt. 
Nun zum Kraftakt: wenn der Gabelholm im Schraubstock eingespannt ist (immer wieder auf die Lagerung achten um Beschädigungen zu vermeiden) mit viel, viel Kraft, gummierten Arbeitshandschuhen und Ausdauer das Standrohr in ruckartigen Zügen herausstoßen. Das kann eine Weile dauern und wenn man sich mal blöd anstellt kann das auch in der Schulter und/oder Ellbogen/Oberarm weh tun. Daher schadet es nicht, zwischendurch mal zu verschnaufen. Außerdem, wie bereits erwähnt, sollte man auch immer wieder den Halt im Schraubstock überprüfen.
Irgendwann hatte ich es geschafft, die einzelnen Teile lagen vor mir. Nun ging ich mit dem Bremsenreiniger dran um alle Teile gründlich zu säubern. Bremsenreiniger löst am besten Fette und Öl. Nachdem alles gut sauber gewischt war war erst einmal Pause angesagt. Zuvor legte ich aber die einzelnen Komponenten schön brav in der richtigen Reihenfolge auf um später wieder genau zu wissen, was wo hin gehört.


Dieser eine Tag war jedenfalls zu Ende, ich konnte nichts mehr machen. Des weiteren stellte ich nach dem Zerlegen fest, dass ich doch noch Ersatzteile brauchte. Nämlich die Gleitbuchsen. Diese haben jeweils eine Teflonbeschichtung welche eigentlich nicht beschädigt sein sollte. Durch die natürliche Abnutzung und vor allem durch den Ausbau war aber bei weitem nicht mehr von Neuzustand zu reden. Daher musste ich erst bei meinem Hondahändler neue bestellen. Die Federn und das Öl hatte ich dafür längst in Bereitschaft liegen. Hier die alten Buchsen:


Eine Woche später hatte ich alles beieinander. Ich machte also wieder einen Ausflug aufs Land um die spannende Aufgabe zu erledigen. So, erst einmal überdenken, wo ich anfangen muss und wie ich am besten vorgehe. Zum X. Mal sah ich mir die Beschreibung ganz genau an denn ich wollte nichts falsch machen.


Schritt 1: Dämpferstange ins Standrohr legen um dieses mit dem Tauchrohr wieder zu kombinieren. Die untere Gabelverschlussschraube muss danach als erstes wieder festgezogen werden. Was passiert? Richtig, die Dämpferstange dreht sich mit aber festhalten kann man das Teil beim besten Willen nicht. Also hatte ich wieder überlegt.


Schritt 2: um die untere Schraube festdrehen zu können musste ich die Feder provisorisch einsetzen. Feder rein, obere Schraube einsetzen und gerade so weit anziehen, dass sie ordentlich im Gewinde sitzt. Das war gar nicht so einfach. Übrigens ist die neue Feder meistens länger als die alte, deswegen kann man das Distanzstück, das bei der alten Feder noch drinnen war, weglassen.

Schritt 3: nun konnte ich die untere Gabelschraube festdrehen. Leichter gesagt als getan denn die sitzt relativ schwer zugänglich am unteren Ende der Gabel. Zusätzlich sollte diese mit 20Nm angezogen werden. Schwierig nur dann, wenn man nicht das passende Werkzeug hat. Ich sollte mir endlich einen 1/4“ Drehmomentschlüssel zulegen. Oder nicht immer alle notwendigen Adapter vergessen mitzunehmen! 
Ich habe nur einen 1/2“ Drehmo und für 1/4“ bloß einen „normalen“ Ratschenschlüssel. (Der Adapter für den Inbusbit ist für einen viertel Zoll Schlüssel, daher bräuchte ich für den Drehmo wiederum einen Adapter um von Halb auf Viertel zu kommen, den hatte ich aber nicht.) Nachdem die untere Schraube allerdings zusätzlich mit Schraubenfix reingedreht werden sollte gebe ich zu, die 20Nm „nach Gefühl“ angezogen zu haben. Ja, ich weiß, sollte man nicht aber ich hatte momentan keine bessere Möglichkeit.


Schritt 4: die nur provisorisch eingesetzte Feder kann wieder entnommen werden. Danach muss das Standrohr endgültig fixiert werden indem die Simmerringe, der Sicherungssplint und zum Schluss die Staubkappe aufgesetzt werden. Das mit dem Simmerring ist gar nicht so einfach. Darunter muss außerdem noch die Gleitbuchse eingesetzt werden, das war wieder eine etwas mühsame Arbeit bei der auch Fingerspitzengefühl gefragt war. Zum einen muss man die Buchse etwas zusammendrücken um die überhaupt ins Tauchrohr zu bekommen. Da hatte ich schon eine ganze Zeit lang herumgefummelt bis das irgendwie ging. Danach kommt der Fixierring darüber und nun wird die Buchse Stück für Stück hinein getrieben. Am besten wäre es natürlich, wenn man ein Rohr hat mit dessen Hilfe man die Gleitbuchse gleichmäßig hineinschlagen kann. Das hatte ich nicht daher nahm ich einen Schlagschraubenzieher und einen Hammer. Hier ist deshalb Vorsicht geboten da das Standrohr aus einem relativ weichen Material besteht. Das darf auf keinen Fall zerdrückt werden. Gleichmäßig schlug ich also über Kreuz die Buchse ein, immer darauf bedacht den Schraubenzieher soweit außen anzusetzen, dass ich mit dem Standrohr nicht in Berührung komme.


Schritt 5: wenn das erledigt ist kommt der Simmerring rein. Auch diesen muss man Stück für Stück über Kreuz eintreiben, allerdings diesmal nicht mit Schraubendreher und Hammer da dieser aus Gummi besteht. Ich nahm eine dünne Holzleiste und drückte mit dieser den Gummiring hinein. Danach setzte ich den Sicherungssplint ein und zum Schluss kam die Staubkappe drüber.


Schritt 6: jetzt wird die Gabel komplett zusammenschoben, ohne Feder, das Öl wird eingefüllt. Nachdem ich in beiden Rohren den gleichen Ölstand hatte konnte ich die Feder einsetzen und die obere Gabelschraube rein drehen. Nicht vergessen den Federsitz (sieht eigentlich aus wie eine Beilagscheibe) zwischen Feder und Gabelverschlussschraube zu legen! Ich hatte das Teil leider im Altöl „verloren“ und kam erst nachher drauf. Das war eine ordentliche Fummlerei den im Nachhinein wieder einzubauen... Im Übrigen war das Prozedere auch eine ordentliche Sauerei da man ständig irgendwo und überall Öl hat. Schön schmierig also!


So, es war geschafft. Die Gabel war fertig, nun konnte ich sie wieder ans Motorrad bauen. Und tada, sie sah wieder halbwegs ganz aus :-)